Veranstaltungen 2008  
 
 
 
 
 
 
 
   
   
   
   
   
   
Jedes Jahr werden zur Frankfurter Buchmesse tonnenweise Papier bedruckt. Wir wollen linken AutorInnen und Verlagen ein Forum für kritische Gedanken bieten  
 

Lesung mit dem Autor Edorta Jimenez
„Lärm der Grillen“

2. Mai 2007 um 20 Uhr im Cafè ExZess,
Leipziger Str. 91, 60487 Frankfurt/M. – Bockenheim
U 6+7 Station Leipziger Strasse

Während des Spanischen Bürgerkriegs (1936-1939) arbeitete Uriarte als Agent der baskischen Regierung in Mundaka, einem kleinen Ort in der Provinz Bizkaia. Zur Zeit der Handlung in den 1990er Jahren lebt er zurückgezogen im französischen Baskenland. Eines Tages erhält er Besuch von einem jüngeren Mann, der es versteht, mit Andeutungen das Interesse Uriartes zu wecken. Einerseits befürchtet Uriarte, sein Gast sei ein Spitzel der Polizei, andererseits drängt es ihn, endlich seine Geschichte - seine »Wahrheit« - zu erzählen. Aus anfänglicher Vorsicht und Skepsis erwächst nach und nach ein vertrauensvolles Band. In gemeinsamen Gesprächen erinnert sich Uriarte an längst Verdrängtes aus jener Zeit, als die franquistischen Truppen immer weiter vorrückten und Gernika vernichtet wurde. Er bricht mit dem Tabu, an den alten Wunden nicht zu rühren.

Als damals ein anderer baskischer Agent, »Gure Gizona«, zu deutsch »unser Mann«, in Bedrängnis geriet, erhielt Uriarte den Auftrag ihn zu retten. Der Kontakt brach jedoch ab und die Rettung scheiterte. Uriarte wie sein Besucher glauben, der jeweils Andere sei im Besitz von Informationen über einen unbekannten Toten, der unlängst in Mundaka gefunden wurde. Ist er vielleicht »unser Mann«, den Uriarte damals hatte retten sollen? Uriarte sollte während des Krieges zudem das Tun des Bürgermeisters Mallona durchleuchten. Der gläubige Katholik Mallona trieb aus Überzeugung und Loyalität gegenüber seinen Freunden ein doppeltes Spiel. Einerseits Mitglied der republiktreuen Baskischen Nationalistischen Partei PNV, verhalf er andererseits bedrohten Franquisten zur Flucht. Während des Bürgerkriegs traf der lebensfrohe, politisch desillusionierte Haudegen Uriarte in den Küstenorten Bizkaias Menschen aller politischen Schattierungen, darunter Persönlichkeiten wie die Journalisten Robert Capa und George Steer. Uriarte verliebte sich in die mutige und unkonventionelle Elena, deren Mann zu der Zeit an der Front war. Unter dem Einfluss des Krieges fanden die gemeinsamen Treffen stets unter abenteuerlichen Bedingungen statt. Auch Elenas, so wird Uriarte schließlich erfahren, verbirgt ein Geheimnis.

Uriartes Besucher, dessen Identität sich erst zum Ende des Romans enthüllen wird, sucht nach Antworten, nicht nach Schuldigen. Er will verstehen, was damals geschah. Auf dieser Suche ist Uriarte ihm ein guter Begleiter. Er weiß aus Erfahrung um die Vielschichtigkeit und Mehrdeutigkeit menschlicher Motive und Taten. Keine der Figuren ist eindeutig »Held« oder »Schurke«. Es ist der Krieg, der Brutalität und Entmenschlichung hervorbringt. Der Roman trägt deutlich die Züge eines Krimis. Er rekurriert auf historische Ereignisse und Zusammenhänge, wie zum Beispiel die Rolle von Frauen im Spanischen Bürgerkrieg, die Folgen baskischer Militärstrategie, die ambivalente Haltung der PNV, die Zerstörung Gernikas durch Hitlers Bomber, die abenteuerliche Flucht von Franquisten auf deutschen Schiffen oder die Evakuierung von Bilbo-Bilbao. Anschaulich wird die zum Teil aus umgerüsteten Fischerbooten bestehende »Seestreitmacht« der Republik und der baskischen Regierung beschrieben.

Tatsächlich wurde 1996 in Mundaka bei Bauarbeiten die Leiche eines Unbekannten gefunden. Historisch verbürgt, wenn auch bis zur Veröffentlichung des Romans im Baskenland weitgehend unbekannt, sind die Ereignisse um die Hinrichtung Mallonas. Er stand entsprechend der Linie seiner Partei treu zur Republik, versteckte aber auch Franquisten und Mitglieder der baskischen Oligarchie. Nachdem Bilbo gefallen war, sah er deshalb keine Veranlassung, so wie andere Amtsinhaber und Parteifreunde ins Exil zu gehen. Er kehrte in seinen Heimatort zurück und wurde von den Franquisten als Funktionsträger der Republik angeklagt und zum Tode verurteilt.

Um fiktive von historischen Personen zu unterscheiden, werden die Figuren im Anhang mit ihren authentischen Lebensdaten aufgelistet.


Edorta Jimenez

wurde 1953 in Mundaka, Bizkaia geboren. Er arbeitet als Seemann, Übersetzer und Autor, schreibt Kolumnen und Drehbücher, hält Vorträge über Literatur und engagiert sich für den Erhalt des Naturschutzgebietes Urdaibai. Vielseitigkeit, Skepsis gegenüber vermeintlichen Wahrheiten sowie ein bildhafter Erzählstil sind für sein literarisches Schaffen charakteristisch. Oft wählt er Mundaka und die baskische Küste als Thema und Kulisse. Unter dem Namen Omar Nabarro veröffentlichte er sechs Gedichtbände. Für seine Kurzgeschichtensammlung Atoiuntzia erhielt er 1990 den Gabriel-Aresti-Preis.

Weitere Preise folgten.

Baleen berbaroa (1997, Die Stimme des Wals) konzipierte Jimenez als Auftakt einer Triologie. Der Roman schildert den Lebensweg eines Seemanns zur Zeit der Renaissance. Mit Sukar ustelaren urtea (Das Jahr des Typhus) folgte 2004 der zweite Band.

Während der Recherchen zu Hemingway eta euskaldunak zerbitzu sekretuetan (2003, Hemingway, die Basken und die Geheimdienste) entstand die Idee zu Kilkerren hotsak (Der Lärm der Grillen).

Der Roman erscheint 2007 zum Jahrestag der Bombardierung Gernikas durch die deutsche »Legion Condor« auch auf Spanisch.

Der Lärm der Grillen (Kilkerren hotsak).von Edorta Jimenez
Übersetzung aus dem Baskischen: Cristina Bendel
Pahl-Rugenstein Verlag 2007 ISBN 978-3-89144-381-1
Aus der Reihe Zubiak - Baskische Bibliothek

VeranstalterInnen: Cafè Antisistema, Gruppe P.A.C.K, Initiativkreis GegenBuchMasse