Veranstaltungen zur Buchmesse 2021
Vom 19.10. – 23.10.2021
Im Zeitraum vom 19. bis 23. Oktober 2021 findet parallel zur Frankfurter Buchmesse die Veranstaltungsreihe Gegenbuchmasse statt. Seit 26 Jahren bieten wir mit unserer Veranstaltungsreihe linken und kritischen AutorInnen sowie kleinen Verlagen die Möglichkeit, Themen zu präsentieren, die auf Kommerz und am Mainstream ausgerichteten Messeprogramm fehlen.
Dienstag ∙ 19. Oktober 2021 ∙ 19:00 Uhr
Die Faschisierung
des Subjekts
Über die Theorie des autoritären Charakters und Heideggers Philosophie des Todes
Die radikale Rechte wird oft pauschal als faschistisch analysiert. Doch von dieser radikalen Rechten und von autoritären Bewegungen unterscheidet sich der Faschismus nicht zuletzt durch seinen Vernichtungswillen. Um die Erfolge der radikalen Rechten – damals wie heute – zu verstehen, gilt es allerdings, sich gerade über die spezifischen Allianzen zwischen beiden Aufschluss zu verschaffen.
Emanuel Kapfinger untersucht diese Fragen in seinem kürzlich erschienen Buch „Die Faschisierung des Subjekts“, indem er die Analysen des Instituts für Sozialforschung aus dessen marxistischer Zeit der 1930er und 40er Jahre aktualisiert. Indem er darlegt, wie Autoritarismus und Faschismus zwei reaktionäre Reaktionsweise auf die multiple Krise der kapitalistischen Gesellschaft sind, trägt er auch zur Einschätzung der gegenwärtigen radikalen Rechten bei.
Internationales Zentrum, Koblenzer Straße 17, Frankfurt
Veranstalter*innen: Internationales Zentrum, Gruppe Aurora und Mandelbaum-Verlag
Mittwoch ∙ 20. Oktober 2021 ∙ 20:00 Uhr
Dem Tod davongelaufen
wie neun junge Frauen
dem Konzentrationslager entkamen
Das Buch wird von der Übersetzerin Ingrid Scherf vorgestellt
Sie sind wagemutig im April 1945 aus dem Todesmarsch bei Leipzig davongelaufen. Den glücklichen Moment der Unaufmerksamkeit ihrer Bewacher ausnutzend, fliehen neun junge Frauen in einen Feldweg und finden sich seltsam frei auf deutschem Boden wieder.
Der Zeitzeuginnenbericht dieser Flucht – was sie erleben, wie sie sich organisieren, um zu überleben –, wirkt 75 Jahre nach seiner Niederschrift immer noch unglaublich lebendig und optimistisch.
Diese neun jungen Frauen waren 1944 aufgrund ihrer Unterstützung für den Widerstand gegen die Nationalsozialisten im Gestapo-Gefängnis Fresnes bei Paris inhaftiert und wurden dann in das Außenlager Leipzig-Schönefeld des KZ Buchenwald zur Zwangsarbeit deportiert. Ihre Freundschaft, ihre Jugend und ihre Lust zu (Über-)Leben hatte sie zusammengeschweißt.
Die in Mainz geborene Schriftstellerin Anna Seghers schreibt in ihrem antifaschistischen Roman „Das siebte Kreuz“: „Wir fühlten alle, wie tief und furchtbar die äußeren Mächte in den Menschen hineingreifen können, bis in sein Innerstes, aber wir fühlten auch, dass es im Innersten etwas gab, was unangreifbar war und unverletzbar.“ Etwas, gegen das alle Nazis und totalitären Regimen machtlos sind: Solidarität. Das spürten auch die neun jungen Frauen.
Café Exzess, Leipziger Straße 91, Frankfurt
Veranstalter*innen: P.A.C.K. und Assoziation A
Donnerstag ∙ 21. Oktober 2021 ∙ 20:00 Uhr
DIVERGE!
Die Corona-Pandemie hat den Technologischen Angriff auf sämtliche Bereiche der Gesellschaft und die Ökonomisierung der entlegensten Winkel unseres Lebens weiter befeuert. Die beschleunigte „Verdatung“ ermöglicht neuen Ansätzen des Bevölkerungsmanagements eine umfängliche Verhaltenserfassung verschiedener Bevölkerungsgruppen mit dem Ziel der Unterscheidung und der Ungleichbehandlung entlang intransparenter Kategorien. In der Konsequenz droht eine steigende Entsolidarisierung der Gesellschaft.
Wie sieht der Weg Europas – in Abgrenzung zu Chinas übergriffig-totalitärem Punktesystemen – aus? Was könnte das angesichts der immer deutlicher spürbaren Klimakrise für unseren Alltag bedeuten?
Das capulcu-Kollektiv analysiert in seinem neuen Buch DIVERGE! globale Machtverschiebungen und neue Ausprägungen sozialer Physik infolge eines digitalisierenden Virus.
Café Exzess, Leipziger Straße 91, Frankfurt
Veranstalter*innen: P.A.C.K. und Unrast-Verlag
Donnerstag ∙ 21. Oktober 2021 ∙ 19:00 Uhr
100 Jahre War Resisters’ International (WRI)
Zwei Jahrzehnte sinnloser und erfolgloser Kriege in Afghanistan und im Irak mit rund 250.000 (Afghanistan) und mehr als einer Million (Irak) Toten haben gezeigt: Menschenrechte und Emanzipation können niemals durch militärische Besetzung und Krieg herbeigebombt werden, sondern sie hinterlassen ein nur noch schlimmeres und ideologisch verhärteteres Schlachtfeld.
Diese beiden katastrophalen Kriege zu Beginn des 21. Jahrhunderts zeigen, wie wichtig der gewaltfreie Antimilitarismus und der Widerstand gegen Krieg und Kriegsdienste aller Art gerade heute sind. Der Antimilitarismus blickt dabei auf eine – öffentlich kaum bekannte – 100-jährige Geschichte zurück, an deren Anfang 1921 die Gründung der War Resisters’ International (WRI) stand, eine antimilitaristischen Internationale, die heute mit 90 Sektionen und assoziierten Mitgliederorganisationen in 48 Ländern weltweit Widerstand gegen den Krieg leistet und gegen Militärdiktaturen, gegen Rüstungsproduktion und für Kriegsdienstverweigerung eintritt.
Nur Gewaltfreiheit und Antimilitarismus bieten eine Perspektive, um aus den mörderischen „Menschenrechtskriegen“ endgültig auszusteigen und sie auch nicht mehr durch Drohnenkriege, eine aufgerüstete und neue EU-Armee und katastrophale Rüstungsexporte zu verlängern, die lediglich innerstaatliche Kriege von gescheiterten Staaten und aufgerüsteten Milizen endemisch fortsetzen. Der internationale gewaltfreie Antimilitarismus fordert die Abschaffung aller Kriege, aller Armeen und aller bewaffneten Milizen, die alle nur dazu dienen, den Krieg, diese Geißel der Menschheit, weiter mit Toten, Soldat*innen ebenso wie Zivilist*innen, zu mästen.
Lou Marin wird das von Wolfram Beyer herausgegebene Buch „Antimilitarismus und Gewaltfreiheit – Die niederländische Diskussion in der internationalen anarchistischen und sozialistischen Bewegung 1890 – 1940“ vorstellen. Anschließend wird Gernot Lennert vom DFG-VK Hessen zu „Widerstand gegen den Krieg – Kriegsdienste verweigern!“ referieren.
Offenes Haus der Kulturen, Raum K 4, Mertonstr. 26, Frankfurt
Veranstalter*innen: Verlag Graswurzelrevolution und DVG-VK Hessen
Freitag ∙ 22. Oktober 2021 ∙ 20:00 Uhr
Gold, Öl und Avocados
Die neuen offenen Adern Lateinamerikas
Veranstaltung mit der Übersetzerin Alix Arnold
50 Jahre nach dem Erscheinen des legendären Buchs „Die offenen Adern Lateinamerikas“ von Eduardo Galeano hat der Journalist Andy Robinson auf dessen Spuren Lateinamerika bereist. Welche Rolle spielen die Bodenschätze und Rohstoffe heute und wie sieht die – häufig subtilere – Ausplünderung der „offenen Adern“ aus? Warum ist es auch den Mitte-Links-Regierungen nicht gelungen, aus der Abhängigkeit von den Rohstoffexporten auszubrechen? Diesen Fragen geht er anhand von 16 Rohstoffen nach, wobei neben klassischen wie Erdöl, Gold oder Bananen auch neuere Objekte der Begierde wie Coltan, Lithium, Avocados oder das „Superfood“ Quinoa stehen. Die Mischung aus Reiseerlebnissen, Hintergrundinformationen und Zitaten aus Gesprächen ist spannend zu lesen und vermittelt ein komplexes Bild der fortdauernden Ausplünderung. Aber es geht auch um den vielfältigen Widerstand. Der Autor berichtet beispielsweise über den beeindruckenden Aufstand in Chile, der im Oktober 2019 begann. Monatelange Straßenkämpfe hatten den Weg freigemacht für eine neue Verfassung, mit der das Erbe der Pinochet-Diktatur endlich beseitigt werden soll (dazu ist, ebenfalls im Unrast-Verlag, ein Buch von Sophia Boddenberg erschienen: „Revolte in Chile, Aufstand im Musterland des Neoliberalismus“).
Café Exzess, Leipziger Straße 91, Frankfurt
Veranstalter*innen: P.A.C.K. und Unrast-Verlag
Samstag ∙ 23. Oktober 2021 ∙ 18:30 Uhr
Migrantischer Feminismus – in der Frauen:bewegung in Deutschland (1985-2000)
Veranstaltung mit mit den Autorinnen Encarnación Gutiérrez Rodríguez und Pinar Tuzcu
Verlagsstatement zur Verlegung der Lesung
Migrantischer Feminismus geht weiter! Ein wichtiges Buch speziell für diejenigen, die mehr über feministische Geschichte in Deutschland wissen und die gegenwärtigen Kämpfe gegen rassistische intersektionale Gewalt aus dieser Perspektive verstehen wollen, um den Weg für eine gerechte Zukunft zu bestreiten!
Dieser Band unternimmt eine Neuschreibung feministischer Bewegungen in Deutschland aus der Perspektive der politischen Selbstorganisierung migrantisierter Frauen*. Anhand von Erzählungen von Zeitzeug:innen und Archivmaterial wird die These widerlegt, dass die 1990er Jahre eine „stille Zeit“ in der Frauen:bewegung Deutschlands war. Es wird aufgezeigt, dass die 1980er und 1990er Jahre eine „geräuschvolle“ Zeit war, da sie den Höhepunkt in der politischen Selbstorganisierung von Migrant:innen, Schwarzen Frauen*, Sinti:zze und Romn:ja, exilierten und jüdischen Frauen* in der Bundesrepublik darstellt. Mittels der Erinnerungsarbeit im Sinne eines Eingedenken lösen die Akteur:innen ihr „right-to re-narrate“ ein, indem sie eine neue Erinnerungspolitik und -kultur migrantischer Theoriebildung und politischer Praxis in Deutschland eröffnen. Auf diese Weise versucht das Buch folgende Fragen zu beantworten:
– Was bedeutet die Auslassung migrantischer feministischer Geschichte für die Politik der Geschichtsschreibung deutscher Frauenbewegung?
– Wie würde eine solche Intervention in der Vergangenheit die Gegenwart und die zukünftige Erzählung der Frauenbewegung in Deutschland neu definieren?
– Was würde diese „Neudefinition“ für Deutschland als Einwanderungsland und (post-)migrantische Gesellschaft bedeuten?
Die Autorinnen
Dr. phil. Pinar Tuzcu ist in der Türkei geboren und aufgewachsen und lebt seit 2007 in Deutschland. Sie hat promoviert und arbeitet im Fachgebiet Soziologie an der Universität Kassel. Prof. Dr. Encarnación Gutiérrez Rodríguez ist Tochter andalusischer-spanischer Gastarbeiter:innen und Professorin der Allgemeinen Soziologie an der Justus-Liebig-Universität Giessen.
Café Exzess, Leipziger Straße 91, Frankfurt
Veranstalter*innen: P.A.C.K. und Mandelbaum-Verlag
Samstag ∙ 23. Oktober 2021 ∙ 20:00 Uhr
Die Pariser Commune
Veranstaltung mit der Übersetzerin Veronika Berger und dem Herausgeber Michael Baiculescu
Louise Michel (1830 – 1905), Revolutionärin, Kommunardin und später Anarchistin, war eine zentrale Gestalt der Pariser Commune. Sie organisierte nicht nur die Versorgung der Hungernden und Verwundeten, sondern leitete ein Frauenbataillon im Kampf gegen die Reaktion.
Nach der blutigen Niederschlagung der Bewegung machte man Michel den Prozess. Nach 20 Monaten Gefängnis wurde sie in die Strafkolonie Neukaledonien deportiert. Dort suchte Michel Kontakt zur indigenen Bevölkerung, erlernte die Sprache der Kanaken und zeichnete als erste ihre Lieder und Sagen auf.
1880 konnte Michel nach einer Generalamnestie nach Europa zurückkehren, schrieb Aufsätze und Bücher und war als charismatische Vortragsrednerin international gefragt. Louise Michel starb am 9. Jänner 1905 in Marseille. Der Trauerzug zu ihrer Beerdigung wurde von Hunderttausenden begleitet.
Ihr Mut im Kampf, ihre Unerschrockenheit vor Gericht sind legendär. Als Michel im Dezember 1871 vor das Kriegsgericht gebracht wurde, trotzte sie ihren Richtern und verteidigte die Pariser Commune: »Ich will mich nicht verteidigen, und ich will nicht verteidigt werden. Ich übernehme die Verantwortung für alle meine Taten. […] Man wirft mir vor, Komplizin der Kommune gewesen zu sein. Selbstverständlich war ich das, denn die Kommune wollte vor allem die soziale Revolution, und die soziale Revolution ist, was ich mir am sehnlichsten wünsche.«
Eingebettet in den Vortag von Michael Baiculescu zur historischen und politischen Einordnung der Pariser Commune wird Veronika Berger Passagen aus dem Buch lesen.
Café Exzess, Leipziger Straße 91, Frankfurt
Veranstalter*innen: P.A.C.K. und Mandelbaum-Verlag
Samstag ∙ 23. Oktober 2021 ∙ 19:00 Uhr
Ein Leben voller Liebe und Hoffnung
Briefe, Erinnerungen, Bilder
an und von Ivana Hoffmann
Ivana war unsere Genossin, eine Freundin, Schwester und Tochter. In ihren eigenen Worten: „eine Guerilla voller Nächstenliebe und Hoffnung“. So schrieb Ivana in ihrem Abschiedsbrief, als sie sich mit 18 Jahren entschloss, ihr Leben in Duisburg hinter sich zu lassen und sich der Verteidigung der Revolution in Rojava gegen den faschistischen Truppen des IS anzuschließen.
Ivana hat viele Leben gelebt: als schwarze junge Frau in Duisburg, Tochter einer alleinerziehenden Arbeiterin, leidenschaftliche Fußballerin. Als junge Kommunistin, die sich in der Bildungsstreikbewegung politisierte und sich in einem sehr jungen Alter in der sozialistischen Jugendorganisation Young Struggle organisierte. Als Guerillakämpferin der MLKP in Kurdistan, die als Internationalistin in ihrem Kampf für Befreiung alle Grenzen aufriss. Egal, wo sie hinging, hinterließ sie Spuren, bei allen Menschen, denen sie begegnete.
Dieses Buch hat jene Spuren eingesammelt. In jahrelanger Arbeit sind Erinnerungen an und Gedanken über Ivana von unterschiedlichsten Menschen gesammelt worden, von ihrer Mutter über ihre Genoss*innen aus Duisburg bis zu ihrer Kampfausbilderin in den Bergen Kurdistans. Eingerahmt werden sie von Gedichten und Liedern, die Ivana gewidmet wurden.
Es zeichnet das Bild einer Frau, die viele Leben gelebt hat. Und es ist ein Zeugnis davon, dass sie in all jenen, die ihre Geschichte jeden neuen Tag berührt und beeinflusst, weiterlebt. Es bekräftigt das Versprechen: wir werden auf deinen Spuren weitergehen, deinen Kampf zu Ende führen.
Nach sechs Jahren Recherche und Kleinarbeit ist das Buch über den türkischen Varyos Verlag erschienen.
Internationales Zentrum, Koblenzer Straße 17, Frankfurt
Veranstalter*innen: Young Struggle und Varyos Verlag
Covid-19
Die Veranstaltungen finden nach den jeweils geltenden Empfehlungen zum Schutz vor dem Corona-Virus statt. Aktuell planen wir die Veranstaltungen nach den 3G-Regeln. Weiterhin ist die Zahl der Teilnehmer*innen begrenzt und außerhalb des Sitzplatzes ist eine medizinische Maske oder eine FFP2-Maske zu tragen. Da die weitere Entwicklung nicht abschätzbar ist, bitten wir darum, sich am Veranstaltungstag auf unserer Webseite www.gegenbuchmasse.de nach den notwendigen und von uns angewendeten Regeln zu informieren.
In normalen Messejahren wird auf der Frankfurter Buchmesse tonnenweise frisch bedrucktes Papier präsentiert, Inhalte sind austauschbar, es zählt nur das Geschäft mit der Ware Buch. Wir wollen deswegen vor allem linken Autor*innen und (Klein-) Verlagen ein Forum für kritische Gedanken bieten. Der Eintritt zu unseren Veranstaltungen ist frei. Wir bitten um reichlich Spenden!
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